Simon Stiebjahn Sharing is caring.

Alles anders als erhofft

März 27, 2017

Das Cape Epic — eine große Enttäuschung

Das Cape Epic, der Höhepunkt meines sportlichen Jahres, stand vor der Tür. Wir, das Team Bulls, reisten mit großen Erwartungen an. Mit großen Erwartungen an uns selbst, aber auch von außen kommend, schließlich waren wir die Titelverteidiger und quasi in ganz Südafrika bekannt. Wie viele von euch Lesern aber bestimmt mitbekommen haben, mussten wir diese Erwartungen bitter enttäuschen. Von Anfang an ging nichts so auf, wie wir uns das gedacht und erhofft hatten. Aber von Vorn.
Ich nutzte, wie im vergangenen Jahr auch, das MTO Championsrace im Township Kayamandi als kleine Kick-off Veranstaltung für das Cape Epic. Es machte irre Spaß auf dem relativ kurzen Kurs durch das Township zu heizen und von unheimlich vielen Anwohnern angefeuert zu werden. Die Organisatoren um Christoph Sauser nutzen die vielen Profis und deren mediale Reichweite, die für das Cape Epic angereist waren, um Aufmerksamkeit auf die große Armut und die nach wie vor existierende Ungleichheit in Südafrika zu lenken. Eine wirklich gute Sache, die ich gerne unterstütze. Das Rennen verlief gut, ich fühlte mich im Rennverlauf immer besser und war zufrieden mit mir, auch wenn ich den Sprint um den dritten Podestplatz knapp verlor. Die folgenden Tage waren Ruhetage, an denen es nochmal galt sich mental auf die anstrengenden Etappen vorzubereiten und dem Körper Ruhe zu gönnen.

Bullenhitze

Am Tag des Prologs war es zum ersten Mal richtig heiß, über 40 °C. Das ist mir, obwohl ich seit 2 Monaten in Südafrika war, überhaupt nicht gut bekommen. Nach der Hälfte der Distanz ging mir die Kraft aus, und das, obwohl ich mit einem guten Gefühl aus dem Championsrace gegangen bin. Tim hingegen fühlte sich sehr fit. Wir waren zwar enttäuscht, aber da wir in den letzten Jahren am Prolog nie besonders erfolgreich im Vergleich zu den anderen Etappen waren, war die Enttäuschung nicht allzu groß. Die zweite Etappe, also die erste „richtige“, verlief eigentlich entsprechend unserer Erwartung. Wir konnten uns in der Spitzengruppe positionieren.

Doch leider bekam Tim 20 Kilometer vor dem Ziel einen starken Hungerast. Zwar versuchten wir, uns in der Gruppe zu halten, doch als es dann den letzten Anstieg hinauf ging, mussten wir abreisen lassen und kamen etwa als 20. ins Ziel. Wegen der erneut großen Hitze wurde die zweite Etappe zum ersten Mal in der Geschichte des Cape Epics um 40 Kilometer verkürzt. Die Krankenhäuser im Umland waren überfüllt durch zu viele Teilnehmende, die mit dem enormen Temperaturen und der Anstrengung nicht zurechtkamen. Die Verkürzung kam uns zu Gute, wie sich herausstellen sollte. Denn Tim bekam nach etwa 45 Kilometer erneut einen Hungerast und wir mussten uns zurückfallen lassen. Zuvor konnten wir zwar für Karl und Urs, die anfangs Probleme hatten und mit uns den Rückstand auf die Führenden zufahren wollten, viel Führungsarbeit leisten, mussten dann jedoch abreißen lassen. Insgesamt war das Tempo durch die vielen Cross Country Fahrer enorm hoch und keines der Marathonteams konnte, auch nicht gegen Etappenende, auftrumpfen.
Am Tag der dritten Etappe kam dann leider die große Katastrophe und wir mussten uns definitiv von jeder noch so kleinen Hoffnung auf eine Verbesserung im Gesamtklassement verabschieden. Mitten im Rennen brach Tims Kurbel ab. Das Pedal war zwar noch im Klicker am Schuh drin, aber eben nicht mehr mit dem Rad verbunden. Wir versuchten, die Kurbel wieder festzuziehen, aber nach einem Kilometer fiel sie wieder ab. Glücklicherweise war es nicht mehr all zu weit bis zur Techzone und wir hofften dort die Kurbel tauschen zu können. Doch leider war in der Techzone keine Ersatzkurbel positioniert. So versuchten wir erneut die Kurbel festzuziehen, aber auch das half nichts und nach fünf Kilometern brach sie wieder ab. An ein erneutes Festziehen war nicht zu denken da die Schraube durch den Imbus verformt war. Wir mussten also laufen und rollen, bis zum Ziel, dachten wir. An der dritten Feedzone bearbeiteten wir das Ding dann mit einem Hammer und versuchten es zu verkannten, sodass wir die letzten 20 Kilometer noch fahren konnten. Nach 25 Kilometern zu Fuß war das ein richtig gutes Gefühl, da Tim und ich uns schon ausmalten erst abends anzukommen. Uns war klar, schlechter kann es nicht mehr werden. Wir versuchten uns die nächsten Etappen möglichst zu schonen und setzten uns die letzte Etappe als Ziel, um wenigstens dort eine gute Performance abgeben zu können. Ein kleiner Lichtblick war an der vierten Etappe der Sieg in der Bergwertung, der an uns ging. Während der sechsten Etappe gab Tim Urs sein Laufrad, weil er Defekt gefahren hatte.

Karl stürzt schwer

Am letzten Tag kam es dann jedoch zum absoluten Super-Gau. In der Neutralisationsphase hörte ich hinter mir im Feld einen Sturz, fuhr aber weiter. Nach etwa fünf Kilometern sprach mich ein Motorradfahrer an und sagte mir, dass Karl schwer gestürzt sei und aus dem Rennen ausgeschieden ist. Ich dachte mir das darf doch alles nicht wahr sein. Ich kehrte um und sah, wir mir Karl, Urs und Tim entgegenfuhren, Karl mit aschfahlem Gesicht. Die Erleichterung war erstmal groß die Jungs doch noch auf dem Rad zu sehen. Wie sich herausstellte war Karl so unglücklich gestürzt, dass sich sein Fuß in den Speichen seines Rades verklemmt hatte und man das Rad ausbauen musste, bis er seinen Fuß wieder raus bekam. Dank Tims motivierenden Worten stieg er dann erneut aufs Rad und wir beschlossen, das Rennen als Team geschlossen zu Ende zu fahren. Im Nachhinein sagte er, ohne uns wäre er nicht wieder aufs Rad gestiegen. Im Ziel angekommen, habe ich die desolate Leistung erst richtig realisiert. Karl wurde direkt ins Krankenhaus gefahren, um seinen Knöchel untersuchen zu lassen und wir waren alle froh, dass es dann recht schnell nach Hause ging.
Die letzte Etappe ist ein Sinnbild für unser ganzes Cape Epic. Wir waren nicht einen Tag in der Lage, vorne mitzufahren. Als Titelverteidiger angereist waren wir leider meilenweit von unserer Form im letzten Jahr entfernt. Woran das lag? Vielleicht an der etwas anderen Vorbereitung, in der wir etwa auch ein Rennradrennen gefahren sind, vielleicht aber auch an etwas ganz anderem. Das wird die Frage sein, die wir uns im Team stellen müssen.

Bis bald
Euer Stiebi

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